Montag, 20. Mai 2019

"Auster und Klinge" [Rezension, Werbung]

Der Roman „Auster und Klinge“ von Lilian Loke, aus dem C.H. Beck-Verlag, lag schon länger auf meinem Lesestapel. Ich hatte ein Rezensionsexemplar vom Verlag gewonnen, worüber ich mich sehr gefreut hatte, denn Geschichte und Erscheinungsbild wirkten in der Vorschau vielversprechend auf mich. Allerdings muss ich gestehen, dass das Buch mich im ersten Anlauf nicht zu fesseln vermochte. So rutschte es erstmal wieder zurück und etwas weiter nach unten in den Stapel. Am vergangenen Wochenende hatte ich dann aber eine längere Zugfahrt vor mir und beschloss, „Auster und Klinge“ eine zweite Chance zu geben. Das Buch begleitete mich im IC von Münster bis Würzburg und unterhielt mich auf dieser Strecke dann doch sehr gut. 
In der Geschichte trifft ein kleinkrimineller Einbrecher mit dem Lebenstraum vom eigenen Restaurant auf einen millionenschweren Aktionskünstler, der mit einer gehörigen Portion Gesellschaftskritik und Missionseifer ausgestattet ist. Während der eine, Victor, gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde und nun sichtlich bemüht ist, wieder auf den rechten Weg zurückzukommen, weicht der andere, Georg, zunehmend davon ab. Er nutzt Victors nur begrenzt legal einsetzbare Kompetenzen, um seine eigenen Botschaften mit Nachdruck und unter Ausreizung von Geschmacksgrenzen, teils auch meiner, an die Öffentlichkeit zu bringen. Was denn Kunst sei, wird mehrfach thematisiert. „Manchmal ist es, als übergäbe sich dein Geist, weil er zu viel Welt gefressen hat, und du pickst, wieder hungrig, aus dem Erbrochenen die Bröckchen wie eine Taube am Bahnhof“ (S. 52). Für Georg sind seine künstlerischen Performances, die bald die Grenze zu Sachbeschädigungen, Vandalismus, Hausfriedensbruch und letzten Endes auch mehr überschreiten, sein Weg, sich auszudrücken. Es fällt ihm leichter, als mit Worten seinen Standpunkt darzulegen, denn: „Sprechen ist oft eine Verschwendung von Atem, nur mit Lauten kontaminierter Atem. Georg hat immer das Gefühl, der schmutzige Atem der anderen versuche, in ihn einzudringen, wenn sie böse reden, als wären sie Dämonenspucker. Sprache ist überbewertet, ein fehlerhaftes, schmutziges Werkzeug“ (S. 50).

Diese beiden gegenläufigen Entwicklungen mit ihren Verstrickungen der beiden Personen, die zunächst Mitbewohner, dann auch Geschäftspartner werden, machen die Geschichte interessant. Das auffällige Cover in pink-orange mit geschwungener, weißer Schrift über der anatomischen Darstellung eines menschlichen Herzens finde ich ansprechend und sehr gelungen. Der Schreibstil ließ mich immer wieder stolpern. Teils gab es Sätze, die mir so gut gefielen, dass ich sie mehrfach lesen wollte. Bei anderen, teils sehr langen, wie Gedankenfetzen aneinandergereihten, hungerte ich nach einem Ende. An manchen Stellen blieb mir unklar, wer da gerade die Quelle der Gedanken und Wörter sein sollte. Ein Roman, mit dem ich mir etwas schwer tat, es am Ende aber gut war, dass er eine zweite Chance bei mir bekam.

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Gesa