Donnerstag, 14. Juli 2022

"Zwei am Meer" [Rezension, Werbung]

"Kann man mit siebenundvierzig und einundachtzig sein Leben noch einmal neu beginnen?" Diese Frage stellen sich Camille und ihre Ex-Schwiegertochter Isabelle. Die Beerdigung von Camilles Sohn und Isabelles Ex-Mann Arnaud führt die beiden Frauen am Anfang des Buches zusammen und vertieft ihre Verbundenheit. Kurzentschlossen brechen beide zu einer gemeinsamen Reise durch die Normandie und die Bretagne auf, bei der sie sich gegenseitig die Vorzüge dieser beiden Regionen präsentieren. Dabei verarbeiten sie den Abschied von Arnaud, nutzen die Zeit zugleich aber für eine jeweils persönliche Neuorientierung. Die Autorin, die selbst in der Bretagne lebt, beschreibt die Regionen so, dass das Fernweh geweckt wird. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auch auf den jeweiligen kulinarischen Spezialitäten. Kein Wunder, dass das Cover des französischen Originals diesen Bezug zum Essen und Trinken auch grafisch aufnimmt, während der Dumont-Verlag in Titel und Covergestaltung eher auf maritime Motive setzt. Neben den Reisebeschreibungen stehen die Themen Abschied und Neuanfang im Zentrum dieses Buchs. Während Camille abwägt, wie sie ihren letzten Lebensabschnitt gestalten möchte, stellt sich für die jüngere Isabelle die Herausforderung, nach einer Phase des Burn-Outs wieder zurück in einen erfüllenden Alltag zu finden. Der französlsche Originaltitel unterstreicht dies: "Pour le sourire d'Isabelle". Beide treiben zudem immer wieder Fragen um, die mit ihrer Rolle als Frau oder in Isabelles Fall ihrer Entscheidung für ein Leben ohne eigene Kinder zusammenhängen. 
Mir gefällt die optische Gestaltung der deutschen Ausgabe sehr. Die Bretagne und die Normandie sind zwei Regionen, die ich ohnehin gerne mag und besuche; dieser Roman hat durchaus die Sehnsucht geweckt, dort mal wieder hinzureisen. Zu den beiden Protagonistinnen habe ich unterschiedlich gut meine Zugänge gefunden. Interessanterweise fiel es mir selbst zu der älteren Camille leichter. Mein eigener Lebensentwurf und Alltag ist so unterschiedlich zu der Figur der Isabelle, die ja eigentlich eher meinem Alter entspricht, dass es mir hier dennoch schwerer fiel. Einige Themen hätten zudem für mich noch intensiver betrachtet werden können, wie die Fragen der eigenen Rolle als Frau, Ehefrau oder auch Mutter. 
Eine kurzweilige Sommerlektüre, die Lust auf die französische Küche und Küste macht und deren Geschichte zeigt, dass es nie zu spät ist, neu anzufangen.

Mein Rezensionsexemplar von "Zwei am Meer" wurde mir freundlicherweise im Rahmen des Instagram-Buchclubs @gemeinsam.mitlesen vom Dumont-Verlag zur Verfügung gestellt.